Sich selbst lieben

 

Sich selbst lieben ist heutzutage ein Ausdruck, der extrem inflationär gebraucht wird, ja missbraucht wird! Wir hören es ständig und wie alles, was endlos wiederholt wird, ist es zu etwas Selbstverständlichem geworden. Mitunter verwechseln wir es damit, sich ab und zu ein kleines Geschenk zu machen, sich eine vorübergehende Befriedigung zu gönnen. Was an sich nichts Falsches ist, solange wir nicht glauben, dass es damit erledigt wäre! Nein, sich um sich selbst kümmern ist in Wirklichkeit ein sehr langer Prozess, der Vergebung, Versöhnung und die Annahme eines Teils von uns voraussetzt, den wir oft verabscheuen. Tatsächlich tun wir unterschwellig oft alles, um uns selbst wehzutun, um unsere Wünsche zu sabotieren und das, was uns am wichtigsten ist. Aber warum gibt es einen Teil von uns, den wir nicht lieben? Oft ist es unsere Zerbrechlichkeit, sind es unsere Grenzen, die wir nicht akzeptieren. Doch wir lernen von klein an, sie zu maskieren, auf Krampf etwas zu spielen, was wir nicht sind. Wir glauben fälschlicherweise, dass wir auf diese Weise angenommen sein werden, mehr geliebt von den anderen und Stück für Stück drängen wir diesen Teil von uns in eine Ecke und schenken ihm kein Gehör mehr. Doch trotz allem äußert sich dieser Teil weiterhin, in Form von schäumender Wut uns gegenüber, mit der Forderung, gehört und berücksichtigt zu werden. 

Dieser Teil von uns wird uns weiterhin drangsalieren, so lang, bis wir die Entscheidung treffen, ihm den Platz einzuräumen, der ihm zusteht. Und seine Zerbrechlichkeit, aber auch seine Daseinsberechtigung anerkennen, sein Recht zu existieren. Alles, was integriert ist, gibt uns Kraft. Wenn wir innerlich zerrissen sind, dann sind wir auch wie gedrosselt, verfügen über weniger Energie. Andersherum jedoch gibt uns jeder Teil, den wir innerlich anerkennen, Energie. Sich selbst lieben bedeutet also, sich um jeden Teil seiner selbst zu kümmern, ohne irgendetwas zu vernachlässigen. Wir können von innen heraus an dem arbeiten, was uns nicht gefällt, um uns zu verbessern. Aber ohne so zu tun, als wäre es nicht da und ohne die Erwartung, etwas zu forcieren. Könnte man einem Kind je etwas beibringen, indem man es kontinuierlich misshandelt? Doch wir selbst verfahren so mit den Teilen von uns, die uns nicht gefallen. Beginnen wir mit den kleinen Dingen, zum Beispiel damit, unsere Sprache und unseren Blick uns selbst gegenüber zu ändern. Beginnen wir damit, uns selbst anders zu betrachten. Auf diese Weise wird sich auch unsere Sicht auf die anderen verändern.

Maila