Archiv für Dezember 2020

DER GEIST DER ADVENTSZEIT (Worte zum Nachdenken von Anselm Grün)

 

„Die Weihnachtszeit ist die Zeit, in der wir uns unserer Sehnsüchte bewusst werden. Wenn wir still vor einer Kerze sitzen, wenn wir die Weihnachtslieder leise vor uns hinsingen, dann steigt in uns eine Sehnsucht auf, die diese Welt übersteigt. Die Sehnsucht macht das Herz weit. Aber sie tut auch weh. Daher verdrängen viele ihre Sehnsucht. Verdrängte Sehnsucht aber führt zur Sucht.

Jeder von uns kennt in sich Süchte. Die Sucht nach Anerkennung, nach Erfolg, nach Beziehung, die Sucht nach Alkohol, Drogen, Tabletten, die Arbeitssucht, die Spielsucht, die Esssucht, die Magersucht.

Advent wäre die Zeit, unsere Süchte wieder in Sehnsüchte zu verwandeln. Wenn wir in der Stille unseren Sehnsüchten Raum lassen, dann werden wir spüren, dass wir nicht zufrieden sind mit dem, was wir gerade tun und leben. In uns ist ein unstillbarer Durst nach Liebe, der von keinem Menschen gestillt werden kann. Unsere Sehnsucht geht über diese Welt hinaus.

Wir erahnen, dass allein Gott unsere tiefste Sehnsucht zu erfüllen vermag. Das Wort „sehnen“ bedeutet: liebend verlangen, sich härmen. Sehnsucht meint ein inniges und zugleich schmerzliches Verlangen nach etwas, was das ganze Herz erfüllt. Sehnsucht steigt aus der Tiefe auf. Aber sie bereitet uns auch Schmerzen. Sie schenkt uns Wärme und Weite, und zugleich lässt sie uns schmerzlich erfahren, dass wir weit weg sind von dem, was unser Leben eigentlich ausmachen könnte.

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Gott in uns tragen

 

Liebe Freunde,

an diesem dritten Adventssonntag möchten wir auf Weihnachten einstimmen, mit Worten, die uns helfen, besser in diese Atmosphäre einzutauchen:

Es ist an der Zeit, uns erneut mit Klarheit zu sagen, dass sich jeder Mann und jede Frau ein Leben ohne Ende, eine Freude ohne Grenzen, vollkommene Erkenntnis und eine endlich freie Liebe wünscht. Im eigentlichen Sinne wollen wir Gott. Wir sind gottgleich und theophorisch: Noch vor jeglicher Glaubens- oder nicht Glaubensentscheidung tragen wir in jedem Fall Gott, das Absolute, die Fülle des Lebens in uns, wie als Abdruck unserer eigenen Substanz. So wie auch Benedikt XVI. in der Enzyklika Spe salvi erinnert hat:

„Leben im wahren Sinn hat man nicht in sich allein und nicht aus sich allein: Es ist eine Beziehung. Und das Leben in seiner Ganzheit ist Beziehung zu dem, der die Quelle des Lebens ist. Wenn wir mit dem in Beziehung sind, der nicht stirbt, der das Leben selber ist und die Liebe selber, dann sind wir im Leben.“

Marco Guzzi Dalla fine all’inizio (vom Ende bis zum Anfang)

Wir können nur die Wahrheit kennen, der wir Glaubwürdigkeit verleihen

„Nur indem wir dem unendlichen Mysterium,
das in uns wohnt,
zuhören, können wir jeden Tag die neuen Signale der Wahrheit empfangen,
die kleinen täglichen Häppchen dieser Substanz, die uns
zu vollkommenen Männern und Frauen macht, erhalten.
Nicht anders.
[…]
Aber wenn uns die Wahrheit von Tag zu Tag,
in kleinen täglichen Dosen gegeben wird,
und indem wir dem Abgrund zuhören, aus dem wir bestehen, und
der uns Substanz gibt und der in unserem Sprechen spricht,
dann gründet sich die Suche der Wahrheit immer auf einen
vorangestellten und wiederholten Akt der Öffnung und des Sich-Anvertrauens
an diese Stille, die uns von dem erzählt, was wir noch nicht kennen,
und die uns in das verwandelt, was wir noch nicht sind.

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