Archiv für März 2021

Den eigenen Blick reinigen

Wenn ich aus der Sicht des Egos handle, mit welchem Blick betrachte ich den anderen und wie gehe ich mit ihnen um? Achten wir einmal drauf: In den meisten Fällen sind die anderen rein zweckmäßig für meine Existenz. Und das passiert oft automatisch, ohne dass man sich dessen bewusst ist.
Der andere existiert, solange er meine Erwartungen erfüllt oder auf meine Bedürfnisse eingeht. Größtenteils haben wir zu der Menschheit des anderen keinen Zugang. Die meisten Menschen, denen wir begegnen, sind wie „Spielsteine“, die auf der Bühne unserer Existenz auftreten.

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Vom Ich an bis zum Wir

 

Philosophen und Soziologen sind nicht die Einzigen, die heutzutage über die Notwendigkeit einer Veränderung sprechen. Auch bedeutende Wirtschaftler wie Jeremy Rifkin oder die Britin Noreena Hertz sprechen darüber. Letztere hat beispielsweise im Jahr 2020 ein Buch veröffentlicht, welches sie „The Lonely Century“ (Das Zeitalter der Einsamkeit) genannt hat. Die Autorin selbst schreibt: „Ich definiere Einsamkeit als einen inneren wie auch existenziellen Zustand – persönlich, gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch.“
Sie meint die Einsamkeit als einen Mange an Unterstützung, nicht nur von Freunden und Familie, sondern auch von der Regierung und vom Staat. Umfragen zufolge fühlen sich 40 % der Arbeiter allein gelassen (in Großbritannien erreicht der Anteil sogar 60 %). Diese Zahlen haben nicht nur gesellschaftliche und psychologische Folgen, sondern auch wirtschaftliche, da die Einsamkeit auf lange Sicht auch Auswirkungen auf die Gesundheit hat und das wirkt sich natürlich auch auf die Produktivität der Arbeiter aus. Also zynisch gesagt: Selbst, wenn uns der psychologische Aspekt nicht interessieren würde, wäre es in jedem Falle unter diesem Gesichtspunkt wichtig, sich damit auseinanderzusetzen.

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die Vergebung

„Man muss sich jeden Morgen entschließen, zu vergeben.
Verinnerlichen wollen, dass die Vergebung die Auswirkungen eines erlittenen Schmerzes nicht auslöscht.
Immer, wenn etwas diese Wunde berührt, werden Gefühle wieSchmerz, Groll und Tod in uns wach.
Und mit viel Geduld müssen wir dann alles wieder „reinigen“ und ein anderes Prinzip der inneren Hygiene anwenden.
Die Vergebung dient hierzu: Nicht nur, um einen anderen von uns zu lösen, sondern auch, um uns selbst von dem erlittenen Schmerz, der uns noch bindet, frei zu machen.“
D.M. Worte in Freiheit
„Herr, wie oft soll ich meinem Bruder vergeben, der gegen mich sündigt? Bis siebenmal?
Jesus antwortete ihm: Ich sage dir, nicht bis siebenmal, sondern bis siebzigmalsiebenmal!“
Jahrhundertelang haben wir das Christentum nach einem moralistischen Schlüssel interpretiert und gelebt. Daher scheint es uns oft so fern von unseren Leben, wenn nicht sogar feindlich.
Doch wenn wir versuchen würden, unsere Vorurteile beiseite zu legen, könnten wir die christliche Lehre vielleicht mit anderen Augen sehen und einen anderen Weg der Heilung entdecken, der nicht weniger faszinierend ist als andere.

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Der Duft

Wer bist du, Unbegreiflicher: du Geist,
wie weißt du mich von wo und wann zu finden,
der du das Innere (wie ein Erblinden)
so innig machst, dass es sich schließt und kreist.
Der Liebende, der eine an sich reißt,
hat sie nicht nah; nur du allein bist Nähe.
Wen hast du nicht durchtränkt als ob du jähe
die Farbe seiner Augen seist.
Auc, wer Musik in einem Spiegel sähe,
der sähe dich und wüßte, wie du heißt.
Rainer Maria Rilke

der Fliecken

In dem bekannten Buch von Martin Buber „Der Weg des Menschen nach der chassidischen Lehre” habe ich heute eine kleine Erzählung gelesen.
Diese Erzählung handelt von einem Lehrer und seinem Schüler. Der Schüler hatte vor, eine Woche lang zu fasten, um seine Seele zu reinigen. Im Laufe der Woche war er einmal versucht, Wasser zu trinken, weil er extrem durstig war, aber er hatte durchgehalten.
Am Ende war er so durstig, dass er beschloss, zu trinken. Sein Gedanke war, dass es keinen Sinn hat, diese strenge Praxis nur seines Stolzes wegen fortzuführen. Er ging zum Brunnen, doch sein Durst war plötzlich schon gestillt und er trank nicht mehr. Am Tag danach, es war ein Samstag, ging er fröhlich zu seinem Lehrer, um ihm zu sagen, dass er sein Fasten erfolgreich beendet hatte. Der Lehrer aber war sehr hart zu dem Schüler und sagte ihm: „So eine Stümperei!“
Was ist die Bedeutung dieser Erzählung? Martin Buber schreib, dass er für lange Zeit ihre Bedeutung nicht wirklich verstanden hatte. Der Lehrer schien ihm sehr ungerecht dem Schüler gegenüber.
Viele Jahre später hatte er endlich begriffen…

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